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Wie man eine Kunstsammlung verräumt

Im Jahr 2017 feierte man noch 10-jähriges Jubiläum des MUSA, im Jänner 2018 wurden dann „organisatorische Veränderungen“ bekanntgegeben und ab Februar 2019 wird sie völlig von der Bildfläche verschwinden: die Ausstellungsinstitution für die Kunstsammlung der Stadt Wien - und damit auch eine der wichtigsten zeitgenössischen Kunstsammlungen Österreichs.
Ursprünglich als „Museum auf Abruf“ mit wechselnden Ausstellungsorten gegründet, um die umfangreiche Kunstsammlung der Kulturabteilung der Stadt Wien die aus den regelmäßigen Ankäufen entstanden war, wenigstens teilweise zeigen zu können, fand das MUSA im Jahr 2007 eine kleine aber feine Heimstadt in der Felderstraße gleich hinter dem Rathaus. Die nur 600 m2 große Ausstellungshalle mit angeschlossener Startgalerie für junge Kunst und der Artothek zeigte seitdem in über vierzig Ausstellungen Einblicke in die jüngere Kunstgeschichte Wiens. Jedes Jahrzehnt seit den 1950er Jahren erhielt seine eigene Überblicksausstellung, die boomende Kunstszene der 90er Jahre gar deren drei. Dazwischen sah man immer wieder interessante Personal- und Themenausstellungen.
Noch unter dem Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny war beschlossen worden, dass das Kulturamt, als städtische Förderstelle eigentlich kein Ausstellungsbetreiber bzw. Sammlungsverwalter sein sollte. Die zeitgenössische Sammlung wurde also an das Wien Museum übergeben, das selbst eine Kunstsammlung mit dem Schwerpunkt auf das 19. und frühe 20. Jahrhundert beherbergt. Zusätzlich wurde das MUSA ebenfalls organisatorisch an das Wien Museum angegliedert. Wobei man da wohl eher von einem unfriendly takeover sprechen muss, denn das Wien Museum hat das MUSA praktisch geschluckt. Die Website des MUSA existiert nur noch als Archiv, alle weiteren Aktivitäten werden nur noch über die Website des Wien Museum kommuniziert. Das Führungs- und Vermittlungsprogramm wurde eingeschränkt. Die wahrscheinlich umfangreichste Kunstsammlung von der Mitte des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart wird jetzt als Unterabteilung eines kulturhistorischen Museums geführt. Auf der Website des Wien Museum wird auf die wichtige Sammlung zeitgenössischer Kunst nicht einmal gesondert hingewiesen.

Berthold Ecker, früher Leiter des Referats bildende Kunst im Kulturamt sowie Leiter des MUSA und der Sammlung wurde von seinen Mehrfachfunktionen „entlastet“ und übersiedelte als Sammlungsleiter ins Wien Museum. Acht Ausstellungsprojekte hatte er für die kommenden Jahre bereits im MUSA vorgesehen, davon wird aber voraussichtlich kein einziges verwirklicht werden.
Das Wien Museum wird aufgrund der dringend nötigen Sanierung und der geplanten Erweiterung ab Februar 2019 bis mindestens ins Jahr 2022 geschlossen. Für Matti Bunzl, Direktor des Wien Museum, ein willkommener Anlass, das MUSA nun auch als Ausstellungsfläche für das kulturhistorische Programm des Wien Museum zu annektieren und Berthold Ecker als Leiter des MUSA kalt zu stellen. Lediglich der kleine Bereich der Startgalerie bleibt für Ausstellungen zeitgenössischer Kunst erhalten. Bunzl spricht auf Nachfrage im Zusammenhang mit den 40.000 zeitgenössischen Kunstwerken auch nur noch von einem „Aspekt“ der „sehr großen Sammlung der Stadt Wien“. Man wolle die Sammlung weiterhin beforschen und in Publikationen präsentieren, das aber nicht zwingend im Zusammenhang mit Ausstellungen. Nur zum Vergleich: im mumok verwalten rund 100 MitarbeiterInnen eine Sammlung mit 10.000 Kunstwerken und 4.500 m2 Ausstellungsfläche. Die 40.000 Kunstwerke der zeitgenössischen Sammlung der Stadt Wien wird von zwei Personen verwaltet und verfügen ab 14. April 2019 über 0 m2 Ausstellungsfläche. Damit versinkt sie praktisch in die Bedeutungslosigkeit.

Die erste Ausstellung die Matti Bunzl für die Räume des MUSA konzipiert hat heißt übrigens „Wo die Dinge wohnen. Das Phänomen Selfstorage“. Job erfüllt, Kunst eingelagert, Tür zu, Licht aus.

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Abbildungen: MUSA & Klaus Pichler/Wien Museum

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Update zu diesem Artikel vom 17. Dezember 2018, 12:20

Veronica Kaup-Hasler, amtsführende Stadträtin für Kultur und Wissenschaft zur Causa MUSA in einer Beantwortung unserer Anfrage vom 11. Dezember 2018 per E-Mail erhalten am 17. Dezember 2018 12:12 Uhr:

"Das Wien Museum ist eine Organisation, eine Einheit mit zahlreichen Standorten über die ganze Stadt verteilt und das MUSA ist einer davon, wenn auch ein ganz besonderer. Als Ort für österreichische Gegenwartskunst, in der die städtische Kunstsammlung ausgestellt wird, hebt es sich inhaltlich wie auch von seiner Entstehung her von den anderen Standorten ab und hat sich einen Platz in der Wiener Museumslandschaft erobert.

Die Pläne des Wien Museums sehen nun vor, das MUSA während der Dauer der Schließzeit und des Um- bzw. Neubaus zu bespielen und zu programmieren („Selfstorage“, „100 Jahre Rotes Wien“). In dieser Zeit werden auch die Sammlungen des MUSA und des WM zusammengeführt, inventarisiert und intensiv beforscht – immens wichtige und sinnvolle Kernaufgaben eines jeden Museums.

Das MUSA als Ort für zeitgenössische Kunst bleibt jedoch trotzdem auch während dieser Phase erhalten: Zum einen wird die Startgalerie für Absolventinnen und Absolventen der Kunstunis weiter geführt. Zum anderen bleibt auch die Entlehnstelle Artothek in Betrieb. Und drittens wird in den kommenden Ausstellungen „Selfstorage“ und „100 Jahre Rotes Wien“ auch Gegenwartskunst gezeigt.

Ich kann Ihnen versichern, dass das MUSA nach Fertigstellung des Wien Museums wieder zu jenem Ort für zeitgenössische österreichische Kunstpositionen wird, als der er bisher bekannt war."

Mehr Texte von Werner Rodlauer

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Sanktnimmerleinstag
Brigitte Huck | 18.12.2018 01:28 | antworten
...nach Fertigstellung des Wien Museums ? Also am Sanktnimmerleinstag !

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