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Lois Weinberger - Die Rückseite der Landschaft: Gelenktes Dickicht: Der Feldarbeiter und der Garten Eden

Der heute 71-jährige Autodidakt Lois Weinberger setzt sich – oberflächlich betrachtet – mit Natur auseinander. Vielmehr setzt er aber pflanzenorientierte Prozesse in Gang und überlässt der Natur die weitere Entwicklung dieses gedanklichen und praktischen Impulses. Lois Weinberger arbeitet aber nicht nur mit Pflanzen sondern auch mit anderen Lebewesen wie Mardern oder Katzen, die im Entwicklungs- und Zeitgefüge von Weinbergers Werken eine Rolle spielen. Auch legt Weinberger Inhalte zwischen Mauern frei, die von toten Tieren bis zum gebrauchten Besteck reichen - zuletzt auch mit menschlichen Interventionen.

Die nun kürzlich eröffnete Schau „Die Rückseite der Landschaft“ in der Galerie Krinzinger umfasst 40 Jahre Kunstschaffen von Weinberger und gibt mit ihrem fast schon musealen Charakter einen guten Überblick über das Werk des Künstlers. Seit 1983 hat er nicht mehr bei Ursula Krinzinger ausgestellt. Dafür war Weinberger international sehr gut vertreten, wie bei der documenta X, bei der letzten documenta in Athen und Kassel (XIV) oder in Besancon, Paris, Tokio oder Berlin.

Die Schau in Wien ist nun eine Bestandsaufnahme und Würdigung seines exemplarischen Werks in Österreich.

Ausgehend von der Idee der „mobilen Gärten“[1], wo in Plastiksäcken, die oftmals Migranten bei ihren Reisen verwendeten, Pflanzen an gewisse Orte transportiert und abgestellt wurden, lässt sich sehr schön die Arbeit von Weinberger aufrollen. Die Tragtaschen mit den Pflanzen verändern den Standort, da das Plastik irgendwann zerreißt und die Wurzeln der Pflanzen sich vor Ort festmachen.

In der Galerie Krinzinger sind auch Plastikwannen mit Moosen und sich zersetzenden Tierknochen zu sehen. Sie bilden ein Stillleben der „natura morta“ und setzen doch im Verborgenen und mit einer gewissen Langsamkeit ihre letztlich auch äußerlich erkennbare Veränderung fort.

Ähnlich zu diesen Arbeiten sind die sogenannten „Wild Cubes“. Weinberger schafft Sie seit den 90er-Jahren immer wieder. Es sind Stahlrohrgebinde, die einem durchbrochenen Würfel gleichen, aus dem, hingestellt in die Landschaft, Pflanzen wuchern. Die ironische Anlehnung an den Diskurs um den „White Cube“ wie von Brian O`Doherty beschrieben, ist unübersehbar.

Eine sehr frühe Arbeit zum Thema Umweltverschmutzung ist ebenfalls bei Ursula Krinzinger vertreten. Es ist ein Fotozyklus des „Baumfestes“ aus dem Jahr 1977. Ausgangspunkt waren damals Müllreste, die in den Bäumen nahe dem Inn bei Hochwasser immer wieder hängen blieben. Weinberger nimmt dies zum Anlass, um die Bäume auf dem Bauernhof seines Vaters mit Plastikfolien und Säcken einzupacken und zu verändern.

Es ist die bäuerliche Welt mit ihrer harten Arbeit, auch des Schlachtens und der Fleischverarbeitung, die ein wesentlicher Zugang zu Weinbergers Kosmos ist. 30 Jahre arbeitete er am elterlichen Hof und im Stahlbau bis er sich entschloss als freier Künstler zu leben. Nicht zu vergessen ist auch seine schriftstellerische Praxis, die eine wesentliche Vorraussetzung für die bildnerische Arbeit darstellt. Auch dazu sind Beispiele in der Galerie Krinzinger zu sehen.

Die sehr spezielle und universelle Antwort des Künstlers Lois Weinberger auf philosophische Fragen unserer Zeit lässt sich in dieser Ausstellung durchaus nachspüren.

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[1] Siehe dazu: Claudia Zanfi (Hg.), Lois & Franziska Weinberger: The Mobile Gardens. Damiani & aMAZElab, 2009

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Lois Weinberger - Die Rückseite der Landschaft
21.11.2018 - 19.01.2019

Galerie Krinzinger
1010 Wien, Seilerstätte 16
Tel: +43 1 513 30 06, Fax: +43 1 513 30 06 33
Email: krinzinger@galerie-krinzinger.at
http://www.galerie-krinzinger.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18, Sa 11-14 h


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