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Es geht um die direkte Erfahrung mit dem Kunstwerk

Im Jahr 1992 eröffnete Martin Janda seinen „Raum aktueller Kunst“ im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Im Jahr 1999 wechselte er an den heutigen Standort in der Eschenbachgasse. Die Galerie nimmt jährlich an mehreren Kunstmessen wie der Art Basel, Frieze, Arco und der viennacontemporary teil. Er sieht in Wien viele Möglichkeiten der Kooperation und die Galerien als tragende Säule der Wiener Kunstszene.

artmagazine.cc: Martin Janda, im Rheinland und in Berlin war die Galerienszene über Jahrzehnte eher von Konkurrenz denn von kollegialer Zusammenarbeit gekennzeichnet. Zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung ist das in Wien anders. Woran liegt das?

Martin Janda: Von Außen sieht es immer anders aus als von Innen. Was von den Galerien in Berlin entwickelt wurde, ist schon sehr bemerkenswert: Aus einem kleinen, lokalen Markt ein Kunstzentrum mit internationaler Strahlkraft zu machen, ist eine große Leistung. In Wien sind wir ja auch alle Konkurrenten, arbeiten aber punktuell immer wieder intensiv zusammen. curated by_ ist so ein Projekt, bei dem 21 Galerien ein Leitthema überlegen und jede Galerie einen Kurator für ihre Ausstellung wählt. Das ist weniger eine kommerzielle Veranstaltung, sondern ein Projekt, um den Standort Wien international zu festigen und zu präsentieren.
In Wien gibt es den großen Vorteil, dass nicht die ökonomische, sondern die künstlerische Idee im Vordergrund steht: wie das Programm gestaltet wird und wie komplex die Ausstellungen aussehen, welche Möglichkeiten den Künstlerinnen und Künstlern gegeben werden.

No man is an island, heißt es. Trotzdem erscheint der Wiener Kunstbetrieb von Außen betrachtet wie eine Insel der Glückseligen. Trügt das Bild, oder ist hier das Zusammenspiel von öffentlicher Hand, Institutionen, Galerien und Sammlern anders als etwa in Deutschland?

Österreich ist ein kleineres Land, das fördert den Zusammenhalt auch ein bisschen. Andererseits hat die öffentliche Hand mit dem, was die Entwicklung der zeitgenössischen Kunst ausmacht, relativ wenig zu tun. Die Institutionen sind ja alle gewachsen, und in Berlin ist das erst in den letzten 30 Jahren entstanden. Wien hat in den letzten Jahren an nicht-staatlichen Institutionen doch stark verloren, und das spürt man.
Die Sammlerstruktur des Rheinlands war in den 80ern und 90ern noch viel präsenter. Was wir in Berlin und Wien bemerken, sind die jungen Sammler, die vielleicht nicht die ganz großen Summen ausgeben, aber die inhaltlich sehr interessiert sind und die Entwicklungen genau verfolgen. Das merken wir in Wien gerade sehr stark, und das entwickelt sich in eine sehr gute Richtung.

Der Kunstmarkt ist in den letzten Jahrzehnten globaler geworden. Helfen da die Vermittlungsmodelle von gestern noch weiter, oder muss Kunsthandel vollständig neu gedacht werden?

Der Kunstmarkt ist gerade einer starken Veränderung unterworfen, mit einer veränderten Marktsituation und auch einem Generationswechsel. Ich denke immer wieder nach, ob die Form der Galerie noch das beste Mittel ist. Aber ich glaube, dass die Galerie als Drehscheibe zwischen Sammlern, Museen und den Künstlern noch immer das geeignetste Modell darstellt. Man erhält zur Zeit viele frustrierte Emails von Kollegen. Aber wir sehen gleichzeitig gerade in Wien viele Neueröffnungen.
Auch bei den Kunstmessen wird es in den nächsten Jahren eine Marktbereinigung geben. Wer sich nicht weiterentwickelt oder neu erfindet, wird sich zukünftig in diesem Feld sehr schwer tun. Als Galerist kauft man sich eine kurzfristige Plattform an einem Ort und vor allem Kundenkontakte, die man selber noch nicht hat. Das können offensichtlich nicht mehr viele Messen erfüllen.

Global handeln, lokal agieren – wie kann das aussehen?

Galerien müssen ihre ureigenste Arbeit intensivieren, indem sie ihre Künstlerinnen und Künstler betreuen und deren Werke vermitteln und natürlich auch verkaufen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Agentur oder ein Künstlermanagement das leisten kann. Kunst muss ausgestellt werden. Das kann ein Büro nicht kontinuierlich und in dem Maße leisten.

Wie arbeiten Wiener Galerien zusammen, um sowohl die Sammler vor Ort als auch ein internationales Publikum zu erreichen?

Neben curated by_ haben wir auch die viennacontemporary gemeinsam gestärkt, das positive Angebot der Messe angenommen und weiterentwickelt. Die Galerien sind die tragende Säule, aber für einen entwickelten Kunststandort braucht es auch so etwas wie eine Kunstmesse, um auswärtige Besucher und Kunden, die nicht so schnell in eine Galerie gehen, zu erreichen und zu betreuen und denen ein gutes Angebot zu machen.

Muss kommerzielle Kunstvermittlung radikal neugedacht werden? Welche Rolle kann und sollte das Internet dabei spielen?

Das Internet ist ein Tool von vielen. Das brauchen wir. Aber bei uns geht es ganz konkret um die Vermittlung von Kunstwerken zu Sammlern, Kuratoren und Museen. Eine reine Internet-Galerie oder -Messe funktioniert nicht, und das wird nicht funktionieren.
Wir verwenden das Internet und Social Media natürlich schon die ganze Zeit, aber alles andere, was da angeboten wurde, waren und sind Versuche von Firmen, von dem kleinen Kuchen Kunstmarkt möglichst viel zu bekommen. Die ganzen Nebenkosten, nicht nur online, sind explodiert in den letzten 10 Jahren. Das tut der Kunst nicht gut. Man kann nur die eigene Seite verbessern und alle Kommunikationskanäle nutzen. Letztendlich ist es doch die direkte Erfahrung vor dem Werk. Und das wird gerade immer intensiver genutzt.
Das geht durch alle Generationen. Zumindest in Wien ist das nicht nur ein junges Phänomen.

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Foto: Anna Konrath

Mehr Texte von Stefan Kobel

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